Naturgarten-Elemente
Zum Nachbauen in jedem Garten
Viele unserer heimischen Tierarten sind mittlerweile bedroht. Zu ihrer Rettung muss ihnen möglichst viel von ihrem natürlichen Lebensraum zurück gegeben werden. Hierfür können mit einfachen Mitteln in Geländeflächen einzelne Lebensinseln eingebaut werden, die den Tieren Nahrung, Rückzugsorte und geeignete Stellen zur Aufzucht ihrer Jungen bieten (Prinzip ''Esszimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer'').
Für ein vielseitiges Nahrungsangebot sorgt eine maximale Pflanzenvielfalt mit viel Blüte vom Frühjahr bis zum Herbst.
Folgende 12 Lebensinseln haben sich bewährt:
Offene Bodenstellen
Etwa drei Viertel unserer heimischen Wildbienenarten sind Erdnister. Für den Bau ihrer Brutkammern benötigen sie offene Bodenstellen, Böschungen, senkrechte Geländekanten oder Sandflächen mit möglichst sonniger Ausrichtung.
Hierfür können einzelne Stellen vom Grasbewuchs freigehalten oder auch Sandarien (Sandlinsen) angelegt werden. Für Wildbienen eignet sich ungewaschener mittelgroßer und eckiger Sand, der möglichst mit einer Tiefe von 50 cm aufgeschüttet werden sollte.
In der Nähe sollte sich immer ausreichend Blütennektar und Pollen finden. Der Nektar dient den Wildbienen überwiegend zur eigenen Ernährung, aus den Pollen und etwas Nektar legen sie in frischen Nisthöhlen oder alten Käferfraßgängen Nahrungsvorräte für ihre Brut an. Außerdem benötigen viele von ihnen Totholz, das sie abnagen und mit Speichel versetzt zum Verschließen der Brutzellen verwenden. Einige Arten tapezieren sogar die gesamte Brutkammer mit diesem Material.
Auch Vögel nutzen Sandlinsen zum Sandbaden, um sich Parasiten aus dem Gefieder zu putzen. Für sie eignet sich eher feinkörniger, runder Kies.
Langgrasinseln
Im Laufe der kommenden Jahre soll die Ausweisung bestimmter Geländeflächen als "Langgrasinseln" eine besondere Rolle spielen. Diese Flächen sollen so wenig wie möglich berührt werden, damit sie ihre eigene standorttypische Flora und Fauna hervorbringen können. Nur im Frühjahr muss ggfs. etwas Laub geräumt werden, um den Nährstoffeintrag in den Boden möglichst gering zu halten und damit Licht an die Vegetation gelangt. Auf vielen Flächen wird kein oder nur seltenes Mähen erforderlich sein.
Bereits im ersten Jahr zeigte sich auf diesen Versuchsflächen an unterschiedlichen Standorten im Park je nach Sonneneinfall und Bodenbeschaffenheit eine sehr unterschiedliche Entwicklung. Es sind wichtige Versuchsfelder für ein Monitoring der Artenvielfalt und auch für die Entwicklung eines nachhaltigen Pflegekonzeptes für die Grünflächen.
Wildblumenwiesen
Viele Insekten, insbesondere aber Wildbienen, sind auf ein reiches Blütenangebot angewiesen. Einige Arten sind auf den Pollen ganz bestimmter Pflanzenfamilien oder sogar einzelne Pflanzenarten spezialisiert. Zur Unterstützung der Artenvielfalt sollte also dafür gesorgt werden, dass vom Frühjahr bis Spätherbst möglichst viel Blüte vorhanden ist. Zudem gibt es Tag- und Nachtblüher, die entsprechend von tag- oder nachtaktiven Tieren genutzt werden.
Je nährstoffreicher der Boden, desto eher werden sich Gräser oder bestimmte Kräuter durchsetzen und nektar- und pollenreiche Arten verdrängen. Vor dem Anlegen einer Wildblumenwiese sollte der Boden also durch Einarbeiten von Sand abgemagert werden. Gräser und andere überhand nehmende Beikräuter können im ersten Jahr vorsichtig entfernt und Laub im Frühjahr abgetragen werden, damit es den Boden nicht mit Nährstoffen anreichert und frische Triebe vom Licht erreicht werden. In den ersten Jahren kann im Frühjahr auch neue Saat eingebracht werden, bis sich ein- und mehrjährige Pflanzen jedes Jahr selbst neu aussäen. Insgesamt gilt aber: so wenig eingreifen wie möglich, um keine Brutzellen zu zerstören!
Gemäht werden muss, abhängig von Standort und Blumenmischung, max. 3 Mal im Jahr. Dabei sollten mindestens 12 cm stehengelassen werden. Beim Mähen keinen Fangkorb verwenden und möglichst immer nur Teile der Flächen mähen. Den Schnitt zum Aussamen 1 - 2 Wochen liegen lassen und dann mit der Harke abtragen, um Nährstoffeintrag zu verhindern. Möglichst keinen Kreiselmäher verwenden - für kleine Flächen eignet sich am besten eine Sense.
Bereits im ersten Jahr war in unseren Wildblumenwiesen im Vergleich zu den konventionell gemähten Rasenflächen eine deutliche Belebung mit Bienen und anderen Insekten zu beobachten!
Wildstauden
Stauden sind mehrjährig und bieten Wildbienen eine reiche Auswahl an Nektar und Pollen. Auch im Winter spielen sie eine wichtige Rolle für viele Tierarten. Deshalb sollte auf ein Ausputzen von Staudenbeeten im Herbst bis zum Mai möglichst verzichtet werden. Zum einen überwintern in Stängeln und Wurzeln zahlreiche Tiere, zum anderen dient das aufliegende Pflanzenmaterial der Bildung der sogenannten Streuschicht. Es wird von Bodenorganismen wie Käfern und deren Larven, Regenwürmern, Asseln, Milben und Mikroorganismen zu Humus umgewandelt. Die meisten dieser Lebewesen siedeln in der Schicht von ca. 12 cm oberhalb bis 12 cm unterhalb der Erdkruste.
Stauden können gut in eigene Beete, zwischen oder als Staudensaum vor Gehölze oder vereinzelt auch in Wildblumenwiesen gepflanzt werden.
Wildsträucher
Heimische Gehölze wie Eberesche, Salweide, Kornelkirsche, Hasel, Holunder, Pfaffenhütchen, Weißdorn, Sanddorn, Faulbaum, Heckenrose, Himbeere oder Johannisbeere bieten Tieren in ihren Blüh- und Fruchtphasen reiche Nahrung und dienen ihnen über das Jahr hinweg als Kinderstube, Schutzraum, Jagdrevier und Winterquartier.
Bei der Auswahl muss der Standort beachtet werden - manche Gehölze benötigen unbedingt Sonne, andere kommen auch mit Halbschatten aus und manche mögen eher Schatten. Stauden zwischen den Sträuchern oder als Staudensaum davor sorgen für die benötigten Nährstoffe im Boden (s. Wildstauden). Die Sträucher sollten in mindestens 1-2 m Abstand zueinander gesetzt werden. Alle paar Jahre sollten Wildsträucher zurückgeschnitten werden, aber möglichst nicht alle im selben Jahr, sondern möglichst im Wechsel.
Einige unserer frisch gepflanzten Gehölze entlang des Meridiankreisgebäudes müssen wir mit Maschendraht vor Wildfraß schützen.
Benjeshecke
Benjeshecken sind lockere, aber strukturierte Schichtungen von dünnem Totholz. Tausende Pilz-, Bakterien- und Insektenarten zersetzen die Zweige und sind wiederum Nahrungsgrundlage anderer Arten.
So sind Benjeshecken eine wichtige Nahrungsquelle und Brutplatz für Vögel (z.B. Zaunkönig, Heckenbraunelle, Rotkehlchen), viele Insekten, Reptilien (z. B. Blindschleiche, Ringelnatter) , Amphibien (z. B. Erdkröte) und Kleinsäuger (z. B. Igel, Echte Mäuse, Spitzmäuse). Hummeln nutzen in den Hecken zuweilen verlassene Mäusebauten für die eigene Brut.
Für den Bau einer Benjeshecke empfiehlt sich die erste Oktoberhälfte - rechtzeitig, um z. B. Igeln noch als Winterquartier zu dienen. Es brauchen nur Pfähle in jeweils 1m Abstand in die Erde gerammt zu werden. Da hinein werden der Länge nach in eine Richtung Zweige und Äste unterschiedlicher Gehölztypen und Stärken (bis Armdicke) geschichtet. In der Höhe sollten die Hecken 1,50 m bis 2,00 m messen, 1m in der Breite, die Länge ist unbegrenzt. Wenn möglich, ist es sinnvoll, eine Hecke in Nord-Süd- und eine in Ost-West-Ausrichtung anzulegen.
Totholzstapel
Geschichtetes Totholz ist Mikrohabitat zahlreicher Vögel, Säugetiere, Insekten, Amphibien, Reptilien und Spinnen. Es siedeln sich Flechten, Moose, Farne und Mikroorganismen an. Die Stämme und Äste sollten möglichst 8 Jahre lang unberührt bleiben, da sie in ihren unterschiedlichen Zersetzungsstadien unterschiedlichen Arten als Quartier, Nahrungsquelle und Niststätte dienen. Allein die Entwicklungszeit mancher Käferarten beträgt 5 Jahre. An der Zersetzung und Wiederverwertung eines Holzstammes sind ca. 1500 Großpilzarten und 1300 Käferarten beteiligt und profitieren dabei auch gegenseitig voneinander. Fliegen- und Mückenlarven leben von Pilzen und Bakterien.
Die Breite der Stapel sollte mindestens 1 m betragen. Die Höhe richtet sich nach der Verkehrssicherheit. Am besten werden in 1m Abstand stabile Pfähle senkrecht in den Boden gerammt, in die das Holz hinein gestapelt werden kann, ohne ins Rollen zu geraten. Die Äste und Stämme sollten mindestens armdick sein. Dünneres Totholz kann in eine Benjeshecke eingearbeitet werden.
Laub-Reisig-Haufen
Mit sehr geringem Aufwand lassen sich Winterquartiere für Igel und andere kleine Säuger anlegen: Schichten Sie auf Flächen von ca. 1 m2 ca. 10 cm Reisig und darauf Laub auf, das Sie am Ende mit Ästen fixieren können, damit es nicht verweht. Die untere Reisigschicht bildet eine isolierende Luftkammer.
Die kleinen Winterschläfer werden es Ihnen danken und schnell Einzug halten, aber auch zahlreiche andere Tierarten bewohnen diese Laub-Reisighaufen ganzjährig.
Brennesselwald
Lassen Sie Brennesseln an geeigneten Stellen ruhig stehen! Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge, der Kleine Fuchs und der Brennesselzünsler, aber auch verschiedene Käfer und Insekten sind auf Brennesseln angewiesen: Raupen fressen ihre Blätter, Larven fressen die Wurzeln und saugen die Blüten. Die Nesselhaare schützen außerdem viele Tierarten vor Fressfeinden.
Feuchtstelle
Viele Insekten benötigen Wasser zum Trinken und für den Nachwuchs. Auch viele Wildbienenarten brauchen es zum Bau ihrer Brutkammern.
Viele Tiere nutzen das Wasser auch zum Baden, um sich vor Parasiten zu schützen sowie zur Eiablage oder zum Laichen. Nach einem Jahr hatten wir bereits Grasfrosch-Laich in unserem kleinen Teich!
Insbesondere bei tieferen Wasserstellen muss der Kinderschutz beachtet werden!
Senkrechtbegrünung
Kletter-, Schling- und Rankpflanzen wie ungefüllte Kletterrosen, Wilder Wein, Efeu, Hopfen, Blauregen oder Immergrünes Geißblatt leisten als Nistplatz, Nahrungsquelle, Schutzraum, Jagdrevier und Winterquartier einen vielseitigen Beitrag zur Artenvielfalt. In Städten dienen sie bei Hitze der Kühlung von Mauerwerk und anderen Wänden sowie der Feinstaubfilterung und Sauerstoffproduktion.
Wichtig: ein eventueller Rückschnitt darf nur Ende September/Anfang Oktober vorgenommen werden: von April bis September dient das Rankgrün der Brutaufzucht, von Oktober bis April der Überwinterung zahlreicher Arten.
Steinhaufen und Trockenmauern
Die Steine wärmen sich in der Sonne auf und schaffen in ihren Zwischenräumen ein warmes, trockenes Klima, das besonders von Reptilien wie Eidechsen, Blindschleichen oder Kreuzottern gemocht wird. Aber auch zahlreichen Spinnen- und Insektenarten, insbesondere Laufkäfern und Hummeln, bieten die Steinhaufen Unterschlupf.
Sollten die Steine zu Mauern gefügt werden, sollten es Trockenmauern sein, d. h. sie dürfen nicht vermörtelt werden, damit die Zwischenräume von den Tieren als Rückzugsräume genutzt werden können.