Sternwarte für alle
Neben ihrer Haupttätigkeit als Forschungs- und Lehreinrichtung der Universität Hamburg bietet die Sternwarte in Zusammenarbeit mit dem Förderverein auch verschiedene Formate im Bereich der öffentlichen Bildung. Im Rahmen von Führungen können die historischen Instrumente und Gebäude besichtigt werden und monatlich wird zu öffentlichen Vorträgen eingeladen. Der Park mit zahlreichen Infotafeln ist täglich von 7.00 - 22.00 Uhr frei zugänglich.



Kulturerbe & Sammlungen
Das gesamte Ensemble der Hamburger Sternwarte mit seinen neobarocken Kuppelbauten (gebaut 1906-1912) wurde 2008 als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft. 2021 hat die Freie und Hansestadt Hamburg für die Sternwarte eine Bewerbung um die Kandidatur für eine UNESCO-Welterbe-Nominierung auf den Weg gebracht. In diesem historischen Ambiente wird auch heute noch aktuelle Forschung betrieben. Besuchen Sie den täglich geöffneten Park mit Schilderrundgang und Planetenpfad, schauen Sie in der Bibliothek vorbei, oder besichtigen Sie im Rahmen von Führungen die historischen Instrumente.

Das älteste Teleskop der Sternwarte stammt aus dem Jahr 1867. Mit dem Großen Refraktor und 1m-Spiegel beheimatet die Sternwarte zwei Meilenstein-Instrumente des frühen 20. Jahrhunderts. Zum Zeitpunkt ihres Baus wurden große Linsenteleskope zunehmend durch Spiegelteleskope verdrängt. Diese Entwicklung spiegelt den Übergang von der klassischen Astronomie zur modernen Astrophysik wider. Fotografien und detaillierte Informationen über die historischen Teleskope finden sich im FUNDus! Sammlungsportal.

Das digitale Archiv der Hamburger Sternwarte enthält etwa 47,000 astronomische Fotoplatten aus dem 20. Jahrhundert. In einem einzigartigen Projekt wurden ab 2010 all diese Fotoplatten digitalisiert. Das Plattenarchiv wird ergänzt durch eine große Zahl gescannter Fotos, Texte und Zeichnungen. Zudem wird die kreative Arbeit von Bernhard Schmidt, einem herausragenden Optiker und Erfinder, der an der Sternwarte arbeitete, zugänglich gemacht.
Bewerbung um UNESCO-Welterbe-Titel
Im Juni 2021 hat die Freie und Hansestadt Hamburg beschlossen, sich mit der Hamburger Sternwarte bei der UNESCO um eine Welterbe-Nominierung zu bewerben. Das Bewerbungsdossier wurde Ende Oktober bei der Kultusministerkonferenz (KMK) eingereicht und im Januar 2022 von dieser formal angenommen. Damit kann Hamburg mit der Sternwarte in den bundesweiten Wettbewerb um eine Kandidatur für eine Welterbe-Nominierung der UNESCO treten. In einem nächsten Schritt wird die KMK über die Aufnahme der Hamburger Sternwarte in die sogenannte bundesweite Tentativliste entscheiden. Diese Liste umfasst die Kandidaturen aus allen Bundesländern, mit denen sich Deutschland ab 2024 bei der UNESCO um eine Welterbe-Nominierung bewerben will.
Öffentliche Führungen und Beobachtungen
Führungen: | sonntags 14:00, ganzjährig, ohne Voranmeldung | KEINE Führungen am 24. und 31.12.2023 |
Beobachtungsabende: | monatlich jeweils am 1. Mittwoch 19:00 (Okt. bis Apr.), ohne Voranmeldung |
Beobachtung bei klarem Himmel, sonst Führung |
Treffpunkt: | Sonnenbau in der Mitte des Campus | |
Eintritt: | EUR 10,00/erm. 7,50 (Kinder, Menschen in Ausbildung und/oder mit Einschränkungen, Erwerbslose, Rentner) | Bezahlung in bar bei Anmeldung |
Bitte beachten Sie, dass die historischen Kuppelbauten nicht barrierefrei sind.
Nach Entfallen der pandemiebedingten Hygieneregeln KEINE VORANMELDUNG mehr erforderlich.
Anfragen für Sonder- und Gruppenführungen richten Sie bitte an sternwarte (at) uni-hamburg.de. Merkblatt Sonderführungen (pdf)
Kindergeburtstage
Die Kindergeburtstagsfeiern an der Sternwarte werden von der Bergedorfer Museumslandschaft in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Museumsdienst angeboten.
Mehr Informationen und Anmeldung (Bitte wählen Sie in der Suchmaske unter Museen "Hamburger Sternwarte")
Kontakt für Rückfragen:
Jörg Gerhard
E-Mail: joerg-ulrich.gerhard(at)bergedorf.hamburg.de
Sonderprojekt Wasserstoffenergiespeicher für autarke Stromversorgung
Auf unserem Gelände entwickeln wir Wasserstoffspeicher zur Zwischenspeicherung von lokal produziertem Solarstrom (weitere Informationen).
Sonderprojekt Naturnahe Parkgestaltung zur Förderung der Biodiversität
Schon jetzt beherbergt der Park der Sternwarte mit altem Baumbestand zahlreiche Tiere - vom Waldkauz und Turmfalken über Fledermäuse, Hasen, Igel und Rehe bis zu Ringelnattern, Wild- und Honigbienen.
Schrittweise wollen wir uns durch eine naturnahe Gestaltung um eine ökologische Aufwertung des Geländes bemühen, um möglichst vielen Arten Nahrung und Unterschlüpfe zur Überwinterung und Aufzucht ihrer Jungen zu bieten.
Über den Fortgang des Vorhabens berichten wir an dieser Stelle:
Wildbienenförderung

Garten-Wollbiene (Deutsche Wildtier Stiftung / Künast)
Mit Unterstützung der Deutschen Wildtier Stiftung werden im Astronomiepark über das Jahr 2023 verschiedene Maßnahmen zur Förderung heimischer Wildbienenarten umgesetzt.
Sie beinhalten die Pflanzung von Blühwiesen sowie heimischen Wildsträuchern und Wildstauden als Futterquellen. Aus Material, das großenteils bereits im Park vorhanden ist, sollen außerdem geschützte Plätze für Überwinterung und Brut geschaffen werden. Dazu gehören freie Plätze im Boden, Tot- und Lebendholz sowie markhaltige Stängel.
Wer Lust hat, an verschiedenen Aktionstagen beim Flechten von Benjeshecken oder der Schichtung von Lesestein- und Blattwerkhaufen mitzuwirken oder einfach nur über die Initiative informiert zu bleiben, ist herzlich willkommen! Anmeldung bitte per E-Mail an sternwarte"AT"uni-hamburg.de.
Eine Herausforderung stellt die behutsame Umstellung der Pflege dieser neu geschaffenen Lebensinseln auf dem großen Parkgelände dar, so dass die neuen Lebensräume durch geeignete Technik für Mahd und Laubräumung nachhaltig erhalten bleiben. Auch für den Schutz vor Blütenfraß muss gesorgt werden, denn in unserem Park fühlen sich auch Rehe, Hasen und Mäuse wohl, die den Bienen ihre Futterquellen streitig machen.
Die Umgestaltung konzentriert sich auf die Geländeflächen zwischen Großem Refraktor, Meridiankreis und Äquatorial im südlichen Teil des Parks. Durch die Umstellung kann dort das derzeit einheitlich gepflegte Erscheinungsbild des Parks anfangs leicht unterbrochen wirken.
Am Ende hoffen wir aber, dass die ökologische Aufwertung der Flächen unsere Gäste anschaulich überzeugt und mit detailliertem Hintergrundwissen auf Infotafeln dazu angeregt, vielleicht auch in ihren eigenen Gärten durch entsprechende Maßnahmen neue (Über)Lebensgrundlagen für Wildbienen und andere Tiere zu schaffen.
Öffentliche Pflanzaktion Frühblüher am 1. Oktober 2022
Als eine der Maßnahmen im Rahmen der geplanten naturnahen Parkgestaltung haben wir an unserem Tag der offenen Tür am 1. Oktober 2022 eine Pflanzaktion organisiert. Für Spenden ab 2 EUR konnten unsere Gäste Blumenzwiebeln und -rhizome erwerben und einpflanzen. Im Angebot waren 9 verschiedene Frühblüher, die im Frühjahr eine wichtige Nahrungsquelle für völkerbildende Insekten wie Bienen und Hummeln sind.
Herzlichen Dank an alle, die dabei waren!
Geschichte der Sternwarte

Frühe Vorläufer
1720er-1730er: Beyers Sammlung am Baumwall
Astronomische Studien in Hamburg sind seit Jahrhunderten historisch belegt. Durch das Fehlen einer Universität konnten die Forschungen allerdings nur in privatem Rahmen betrieben werden. Die erste Sternwarte in Hamburg befand sich bereits in den 20er und 30er Jahren des 18. Jh. am Baumwall. Der Zimmermann Johann Beyer hatte in seinem Hause eine ansehnliche Sammlung astronomischer Instrumente zusammengetragen. Die Himmelsbeobachtungen, die er und sein Freund, der Schuldirektor Hermann Wahn, dort machten, stießen in der Öffentlichkeit auf breites Interesse. Schließlich erkannte der Senat den Wert eines Observatoriums für den Hafenbetrieb und erwog den Kauf der Sternwarte für die Stadt - allerdings blieb es vorerst bei diesen Erwägungen.

Frühe Vorläufer
1796-1806: Gaborys Sternwarte in Neuenburg
Obwohl in der zweiten Hälfte des 18. Jh. astronomische Forschung in der Region Hamburg auf immer professionellerem Niveau betrieben wurde, hat es noch jahrelang keine weiteren ernsthaften Versuche für die Gründung einer dauerhaften Sternwarte gegeben.
Dies änderte sich im Jahr 1796, als der Optiker Edmund Gabory in Neuenburg, nahe der Nikolaikirche seine Werkstatt eröffnete. Seine Frau und er waren begeisterte Himmelsbeobachter und richteten hier ihr eigenes Observatorium mit einer beachtlichen Sammlung an Teleskopen und anderen wissenschaftlichen Instrumenten ein. Ein Jahrzehnt später setzte aber die französische Besatzung dem Werk Gaborys ein jähes Ende: Seine Instrumente wurden beschlagnahmt. Diejenigen, die britischen Ursprungs waren, wurden auf der Stelle vernichtet, die gößeren Teleskope wurden für das Erspähen feindlicher Truppen im Hamburger Umland zweckentfremdet. Gabory selbst fiel, wie viele andere, im strengen Winter 1814 der Belagerung zum Opfer.

Frühe Vorläufer
1802-1812: Repsolds Sternwarte am Stintfang
Der erste direkte Vorläufer der heutigen Hamburger Sternwarte wurde von dem Unternehmer und Spritzenmeister Johann Georg Repsold gegründet. 1789 hatte Repsold eine Werkstatt für Präzisionsgeräte eröffnet, die sich im Laufe der Jahrzehnte zur weltweit renommierten Gesellschaft A. Repsold & Söhne mauserte und bis 1919 existierte. Die Arbeit an geodätischen Instrumenten hatte Repsolds Interesse für Astronomie geweckt. 1802 erhielt er die Genehmigung für den Bau einer privaten Sternwarte auf der Bastion Albertus, einem Teil der Hamburger Festungsanlagen am Stintfang. Ein Jahr später stand das sechseckige Gebäude. Sein Dachaufbau mit Meridianspalt wies bereits eine gewisse Ähnlichkeit mit modernen Teleskopkuppeln auf. Hier brachte Repsold sein kleineres Passageinstrument unter, einen 3,5 Fuß großen Meridiankreis mit Präzisions-Pendeluhr. Innerhalb weniger Jahre hatte Repsold eine Sammlung von Teleskopen und Instrumenten zusammengetragen, die selbst angesehene staatliche Sternwarten jener Zeit in den Schatten stellte.

Frühe Vorläufer
1806-1814: Napoleonische Kriege
Als 1804 die Hamburger Stadtmauer als Beweis der Neutralität in den Koalitionskriegen abgerissen wurde, blieb Repsolds Sternwarte vorerst unversehrt. Sie überdauerte Gaborys Observatorium, allerdings nicht für lange: Im April 1811 erlitten Gebäude und Instrumente schweren Schaden durch Kanonenbeschuss. Im darauffolgenden Jahr untersagte die französische Verwaltung jegliche zivile Nutzung der wiederaufgebauten Festungsmauern. Die Instrumente wurden eingelagert, das Gebäude wurde abgetragen und endete als Feuerholz. Repsold wandte sich an den Senat, um die Gründung einer städtischen Sternwarte zu erwirken. Um seine Erfolgschancen zu erhöhen, hatte er mit der Hamburger Admiralität, der damaligen Hafenverwaltung, ein gegenseitiges Abkommen geschlossen. Diese plante damals den Ausbau ihrer Navigationsschule. Doch Krieg und anhaltende Verwüstung standen der Verwirklichung des Gemeinschaftsprojekts noch im Wege.

Frühe Vorläufer
1812-1820 Wiederaufbaupläne
Jahrelang konnte Repsold nur vereinzelt Kunden für seine hochwertigen Instrumente gewinnen, so dass er gezwungen war, seinen Lebensunterhalt mit dem Import einfacher nautischer Geräte aus England zu bestreiten. Aus Platzmangel verkaufte er seinen in Einzelteile zerlegten Meridiankreis schließlich an Carl Friedrich Gauß, damals Direktor der Sternwarte in Göttingen.
1820 hatte Repsold eine Anhängerschaft hinter seinem Projekt versammelt und stellte einen erneuten Antrag auf öffentliche Förderung einer Sternwarte, wobei er die Notwendigkeit einer solchen Institution für den Hamburger Hafen hervorhob. Gleichzeitig warb auch der Direktor der Navigationsschule Carl Ludwig Rümker um Mittel für den Ausbau seiner Schule. Um den Anträgen Nachdruck zu verleihen, wurde eine Fusion der beiden Institutionen angeregt. Doch der Senat zögerte eine Entscheidung noch immer hinaus.

Professionalisierungsära
1821-1871: Konkurrenz im nahen Altona
Mittlerweile hatte Dänemark ein neues Programm zur Landvermessung gestartet. Die neu erhobenen geodätischen Daten sollten mit anderen bereits bestehenden europäischen Datensätzen zusammengeführt werden. In diesem Zuge war in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hamburg im damals dänischen Altona eine wichtige Station entstanden. Das Projekt wurde von dem Kopenhagener Astronomie-Professor Heinrich Christian Schumacher geleitet. Zu seinen Zwecken hatte Schumacher 1821 ein Haus an der Palmaille in Altona erworben. Es war nur rund 2 km von Repsolds früherer Sternwarte entfernt, und von dem Grundstück aus boten sich zahlreiche Orientierungspunkte wie die Hamburger Michaeliskirche als Vermessungspunkte an. Im Garten hinter dem Haus wurde eine Sternwarte errichtet.

Professionalisierungsära
1821-1871: Veröffentlichung der Astronomische Nachrichten
Im selben Jahr begann Schumacher in Altona mit der Herausgabe der Astronomische Nachrichten. Dies war die erste wissenschaftliche Zeitschrift zum Thema Astronomie überhaupt und sie besteht bis heute als älteste astronomische Zeitschrift weltweit fort. Unter den Teleskopen der neuen Sternwarte befanden sich Instrumente aus der Werkstatt Repsolds, mit dem Schumacher durch seine regelmäßigen Besuche in Repsolds alter Sternwarte in Hamburg befreundet war.
Mit den Jahren behinderte die fortschreitende Industrialisierung mit ihren immer dichteren Rauchwolken in zunehmendem Maße Sternbeobachtungen in Altona. 1871 wurde die Altonaer Sternwarte geschlossen. Die wertvolleren Instrumente sowie die Bibliothek gingen in den Bestand der neuen Sternwarte in Kiel über, die Restbestände wurden verkauft.

Professionalisierungsära
1821-1825: Fortschritt in Hamburg
Ab 1821 konnten Repsolds Träume endlich wahr werden. Der Senat stimmte dem Bau einer neuen Sternwarte zu - unter der Auflage, dass Repsold selbst hierfür seine Instrumente unentgeltlich zur Verfügung stellen sollte. Dass der Senat dem Drängen Repsolds schließlich nachgab, mag durch die Konkurrenz zum benachbarten Altona begünstigt worden sein, das kürzlich seine eigene Sternwarte eröffnet hatte. Nach dem Abzug der französischen Belagerung hatte Hamburg beschlossen, die Festungsmauer ganz abzureißen und an ihrer Stelle ein öffentlich zugängliches Erholungsgebiet anzulegen. An der neu entstandenen Promenade auf der ehemaligen Henricus-Bastion nahe dem kürzlich wiederaufgebauten Millerntor begann man mit dem Bau der neuen Sternwarte. Das Gebäude bestand aus zwei Flügeln mit jeweils einer hölzernen Teleskopkuppel auf dem Dach. Verbunden wurden die beiden Gebäudeflügel durch eine Halle für einen neuen Meridiankreis und Repsolds altes Passageinstrument.

Professionalisierungsära
1825-1833: Sternwarte und Nautische Schule am Millerntor
1825 waren die Bauarbeiten fast abgeschlossen, und eine Reihe wertvoller Instrumente wurde angeschafft. Wie vereinbart, wurde im selben Gebäude die Navigationsschule untergebracht, die für die ab 1827 obligatorische Steuermannsprüfung zuständig war.
1833 wurde die Sternwarte offizielles Staatsinstitut. Repsold hat das nicht mehr erleben können. Er war einige Jahre zuvor bei einem Löscheinsatz während eines Großbrandes ums Leben gekommen.

Professionalisierungsära
1825-1914: Bedeutung für den Hafen
Neben seiner wissenschaftlichen Bestimmung erfüllte die Hamburger Sternwarte einen sehr praktischen Zweck: Mithilfe der astrometrischen Messungen mit dem Meridiankreis wurde die Zeit bestimmt, was von evidenter Bedeutung für die Schifffahrt war. Gegen Ende des 19. Jh. beherbergte die Sternwarte ein Uhrensystem, mit dem zahlreiche über die Stadt verstreute Präzisionsuhren gesteuert wurden. Später setzte es auch die Zeit für den Zeitball auf dem Dach des Warenhauses Kaiserspeicher A mitten im Hamburger Hafen sowie für die telefonische Zeitansage. Leider erschwerten Luft- und Lichtverschmutzung sowie Erschütterungen durch Industrie und Hafen mit den Jahren in zunehmendem Maße die Beobachtungen am Millerntor. Die Hamburger Sternwarte musste sich einem ähnlichen Schicksal stellen wie 30 Jahre zuvor das Altonaer Observatorium und umziehen. 1914 wich das Gebäude dem neuen und bis heute existierenden Museum für Hamburgische Geschichte.

Die Sternwarte in Bergedorf
1906-1912: Größer und besser
Von 1906 bis 1912 wurde auf dem Gojenberg im östlich von Hamburg gelegenen Bergedorf eine neue Sternwarte errichtet. Damals befand sich Bergedorf in weiter Entfernung zu Hamburg und den zunehmenden Beeinträchtungen für die Beobachtungsbedingungen am bisherigen Standort. Die neuen Entwürfe waren zu damaliger Zeit ambitioniert und fortschrittlich.
Das eigentliche Novum war die Verteilung der Instrumente auf separate, über ein größeres Gelände verstreute Gebäude. Damit die Sternwarte ihre Funktion als Zeitgeberin ausüben konnte, wurde ein neues, größeres Meridiankreisgebäude errichtet. Das Äquatorial-Linsenteleskop wurde vom Millerntor nach Bergedorf verbracht. In seiner Bedeutung wurde es allerdings bald von dem deutlich leistungsfähigeren "Großen Refraktor" aus der Produktion Repsold & Söhne abgelöst.

Die Sternwarte in Bergedorf
1906-1912: Gehobene Vielfalt
Der große Refraktor und sein Kuppelgebäude mit großer Hebebühne verschlangen einen Löwenanteil des gesamten Baubudgets der neuen Sternwarte. Ergänzt wurde es durch ein Spiegelteleskop von 1 m Durchmesser auf massiver, auch für heutige Verhältnisse noch überraschend leichtgängiger Montierung von Carl Zeiss. Diese beiden großen Teleskope markieren in der Astronomiegeschichte einen Punkt, an dem die Meinungen über die Konstruktion künftiger Teleskope auseinandergingen. Die Eröffnung der neuen Sternwarte fiel in eine Zeit, in der die Nachteile großer Spiegelteleskope kontinuierlich überwunden wurden und Linsenteleskope an Bedeutung verloren. Wäre die Sternwarte einige Jahre früher umgezogen, hätte sie vielleicht kein Spiegelteleskop erhalten, wäre der Neubau einige Jahre später erfolgt, würde sie vielleicht nur noch über wenige Linsenteleskope verfügen. Heute verwundert es wenig, dass das 1m-Spiegelteleskop für die Wissenschaft das weitaus interessantere der beiden Instrumente war. Abgerundet wurde der Instrumentenbestand der neuen Sternwarte durch einen Doppelastrographen, ein sehr lichtempfindliches Doppel-Teleskop für Astrometrie und Fotografie.

Die Sternwarte in Bergedorf
1905-heute:Expeditionen und Forschung
In der Zeit des Umzugs der Sternwarte vom Millerntor nach Bergedorf und in den ersten Jahren des Bestehens der neuen Sternwarte bildete die astronomische Forschung drei Hauptschwerpunkte: Sonnenfinsternisse, Sternpopulationen und die Weiterentwicklung der Beobachtungsinstrumente. Zwischen 1905 und und 1929 organisierte die Sternwarte mehrere Expeditionen zur Erforschung von Sonnenfinsternissen, u. a. nach Algerien, Mexiko, Schweden und auf die Philippinen. Die stationären Teleskope in Hamburg spielten eine wesentliche Rolle bei der Erstellung großer Sternkataloge wie z. B. des AGK2, in dem in Zusammenarbeit mit den Sternwarten Bonn und Pulkowo (St. Petersburg) über 200.000 Sterne katalogisiert wurden und der bis in die 1980er Jahre als Standardwerk der Astrometrie galt. Während seiner Arbeit an der Hamburger Sternwarte schaffte Walter Baade die Grundlagen für seine Forschungsarbeiten zum Thema Sternpopulationen.

Die Sternwarte in Bergedorf
1930s: Instrumentation und Innovation
1930, entwickelte der freischaffende Optiker Bernhard Schmidt and der Sternwarte eine Korrektorplatte für Spiegelteleskope mit sphärischem Hauptspiegel in Folge der lehrreichen Diskussionen mit Walter Baade. Diese Platte gleicht sphärische Abweichungen aus, die in großen Gesichtsfeldern die Optiken außerhalb der optischen Achse verzerren. Schmidt verzichtete auf eine Patentierung seiner Erfindung, die sich schnell auf der ganzen Welt verbreitete. Ob in seiner Ursprungsform oder modifiziert - die Schmidt-Korrektorplatte fand bald nicht nur in astronomischen Instrumenten, sondern auch in Filmprojektoren und Reflexkameras Verwendung.

Die Sternwarte in Bergedorf
1939-1945: 2. Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Hamburger Sternwarte als strategisch wertvoll eingestuft und dem Kommando der Marine unterstellt. Die Arbeit wurde auf Beobachtungen der Sonnenaktivität beschränkt, da diese Radiowellen und damit den Funkverkehr beeinflusst sowie auf Positionsberechnungen für die Kriegsschiffahrt. Trotz der militärischen Vereinnahmung gelang es der Sternwarte bei der Ernennung ihres neuen Direktors 1941, den Einfluss des NS-Dozentenbundes abzuwenden. Im Vorfeld seiner Ernennung konnte der neue Direktor Otto Heckmann von seiner Eignung überzeugen, ohne seine eigenen Ideale zu verraten oder sich ideologisierten Zwecken zu unterwerfen.

Die Sternwarte in Bergedorf
1954-1970: Neue Instrumente und Forschung
1954 wurde für den Hamburger Schmidt-Spiegel - ein modernes Spiegelteleskop mit Optik-Ausstattung aus der Werkstatt Bernhard Schmidts - ein neues Teleskopgebäude errichtet. Neben dem Schmidt-Spiegel wurde hier auch eine Spiegelbedampfungsanlage für die Aluminiumbeschichtung von Teleskopspiegeln untergebracht. Zwischen 1955 und 1970 wurde die Hamburger Sternwarte zur zentralen Sammelstelle für Daten, die an elf Observatorien in Europa und Nordamerika erhoben wurden und in den Sternkatalog AGK3 eingingen.

Die Sternwarte in Bergedorf
1962-1968: Gründung der ESO
Seitdem Walter Baade 1953 die Erstellung dieses neuen Katalogs angeregt hatte, wurde Direktor Heckmann zu einer treibenden Kraft bei der Gründung der ESO, die ihm die Türen zur Erschließung der noch wenig erforschten südlichen Hemisphäre eröffnen sollte. 1962 wurde er erster Direktor der ESO und eröffnete deren ersten Hauptsitz nahe der Sternwarte in Bergedorf. Später wurde dieser dann nach Genf verlegt. 1968 trat Heckmann in den Ruhestand. Im selben Jahr wurde die Hamburger Sternwarte Teil des Fachbereichs Physik der Universität Hamburg.

Die moderne Sternwarte
1968-heute: Betritt zur Universität
Der Instrumentenbestand der Hamburger Sternwarte wurde 1971 um den neuen Zonenastrographen ergänzt. Fünf Jahre später wurde der Schmidtspiegel an die Sternwarte im spanischen Calar Alto verlegt. Ersetzt wurde er in Bergedorf durch das Oskar-Lühnung-Teleskop.
1996 wurde die gesamte Anlage der Hamburger Sternwarte unter Denkmalschutz gestellt. Seit 2008 ist sie außerdem auf der Liste Nationaler Kulturdenkmäler gelistet. Gleichzeitig wird hier weiterhin moderne Spitzenforschung betrieben.