Schorrhöhe heißt jetzt Schwaßmannhöhe
3. Juni 2024
![neues Straßenschild - Schwaßmannshöhe](https://assets.rrz.uni-hamburg.de/instance_assets/fakmin/38237742/schwassmannhoehe-733x414-7fa55d188d0ba56b4daac11a9a92888198dfc80f.jpg)
Foto: HS
Anfang Mai wurde der am Geesthang entlang der Sternwarte führende Wanderweg umbenannt. Sowohl der alte wie auch der neue Name haben mit der Hamburger Sternwarte zu tun.
Die Schorrhöhe wurde im Jahre 1955 vom Senat der Freien und Hansestadt nach dem langjährigen Direktor der Hamburger Sternwarte, Richard Schorr (1867-1951) benannt. Schorr hatte sein Amt im Jahre 1902 noch an der Vorgängersternwarte am Millerntor angetreten. Ihm ist nicht nur der Umzug der Sternwarte nach Bergedorf zu verdanken, es gelang ihm seinerzeit auch, bei den zuständigen Hamburger Behörden die erforderlichen Mittel für einen großzügigen Neubau zu erwirken, der die Hamburger Sternwarte zu einer der größten und modernsten in Europa werden ließ. Dabei bewies er bemerkenswerten Weitblick, in dem er die neue Instrumentierung der Sternwarte sowohl für die traditionelle Positionsastronomie als auch die neu aufgekommene Astrophysik ausrichtete.
Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Bergedorf beschloss im November 2023 auf der Grundlage des Abschlussberichtes der Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen vom Februar 2022 die Umbennung der Schorrhöhe in Schwaßmannhöhe. Laut dieser Kommission, die sich hauptsächlich auf das Buch „Sterne über Hamburg“ von J. Schramm stützt, hatte Schorr in den 1930er Jahren mehrmals Namen von Astrologen an die Gestapo weitergegeben und Mitarbeiter der Sternwarte zur Beobachtung astrologischer Vorträge angesetzt. Mehrere Astrologen kamen danach kurzzeitig in Haft. Inwieweit es Schorr bewusst war, welche Folgen sein Kampf gegen die Astrologie für die Betroffenen hätten haben können, ist ungewiss. Einer der Astrologen kam 1941 in ein Konzentrationslager, wurde aber nach kurzer Zeit wieder freigelassen und hat später Horoskope für Heinrich Himmler erstellt. Schorr war sicherlich nicht gewahr, dass Teile der NS-Elite gegenüber der Astrologie sehr aufgeschlossen waren.
In der gesamten Würdigung der Persönlichkeit Richard Schorrs muss auch berücksichtigt werden, dass er nie mit den Nationalsozialisten sympathisierte und auch niemals Parteimitglied war. Er hat die rassistisch geprägte sog. „Deutsche Physik“ vehement abgelehnt und gegen den Widerstand des NS-Dozentenbundes als seinen Nachfolger Otto Heckmann (1901-1983) durchgesetzt, der als Anhänger der Einsteinschen Relativitätstheorie zunächst für nicht tragbar gehalten wurde.
Arnold Schwaßmann (1870-1964) war ein Bergedorfer Astronom, der seit seiner Einstellung im Jahre 1902 wesentlichen Anteil an der Planung und Umsetzung der neuen Hamburger Sternwarte hatte. Bekannt ist er vor allem für sein Lebenswerk, die „Bergedorfer Spektraldurchmusterung“, einem Katalog der Spektralklassifikationen von mehr als 180.000 Sternen, die er zusammen mit Arthur Arno Wachmann (1902-1990) am Lippert-Astrographen durchführte und zwischen 1935 und 1953 publizierte. Darüber hinaus ist er als (Mit-)Entdecker mehrerer Kometen und Kleinplaneten bekannt geworden. Schwaßmann wurde 1912 zum Professor ernannt und war Vorsitzender der Hamburger Mathematischen Gesellschaft. Der 1922 von ihm selbst entdeckte Kleinplanet (989) Schwassmania trägt seinen Namen.
Beitrag von: Dr. Matthias Hünsch