Wasserstoff-Stromspeicher zur autarken Energieversorgung
Datum: 28.02.21
1. Das Projekt
An der Hamburger Sternwarte sollen effiziente und leistungsstarke Strom-Speichersysteme auf Wasserstoffbasis aufgebaut werden. Zunächst soll damit die Montessori-Schule Hamburg auf dem Gelände der Hamburger Sternwarte energieautark versorgt werden. Der benötigte Strom wird mit Photovoltaikmodulen, die auf den Dachflächen der Klassenräume installiert werden, erzeugt. Da der Sonnenstrom tages- und jahreszeitlich ungleichmäßig generiert wird, ist eine angepasste Speicheranlage notwendig.
Warum Wasserstoff?
Reine Batterielösungen haben immensen Material- und Platzbedarf und sind zudem sehr teuer. Daher sind sie für eine autarke Energieversorgung nicht geeignet. Wasserstoff hingegen hat eine wesentlich höhere Energiedichte und kann problemlos und sicher in Standard-Gasdruckflaschen gespeichert werden. Wir werden mit handelsüblichen Komponenten ein Energieversorgungssystem aufbauen, das den überschüssigen Sonnenstrom mit Hilfe von Elektrolyse-Modulen zur Erzeugung von Wasserstoff (H2) nutzt. Das Wasserstoffgas wird in Druckgasflaschen zwischengespeichert und bei Bedarf mit Brennstoffzellen wieder in Strom umgewandelt. Um eine unterbrechungsfreie Stromversorgung sicherzustellen und die Effizienz dieser Speicheranlage zu steigern, wird diese
mit einer Pufferbatterie ausgestattet.
Innovation/Digitalisierung
Die Forscher und Mitarbeiter der Sternwarte werden für das Energieversorgungssystem Steuermodule,Steuersoftware und eine anwenderfreundliche Bedienoberfläche entwickeln. Mit dieser intelligenten Steuerung soll eine möglichst hohe Effizienz der Gesamtanlage erzielt werden. Unter anderem werden Leistungskurven, Verbrauchsvorhersagen und Wetterdaten mit der Software ausgewertet.
Hamburger Sternwarte energieautark
Nach erfolgreicher Entwicklung der Stromspeicheranlage für die Montessori-Schule sollen weitere Speichersysteme gleicher Art für die Versorgung aller Sternwartengebäude zum Einsatz kommen. Das auf dem Gelände geplante Seminar- und Laborgebäude soll mit einer sehr leistungsstarken PV-Anlage ausgestattet werden, die den benötigten Strom liefern wird (vgl. Solardachpflicht bei Neubauten in Hamburg ab 2023). Weiterhin werden wir eine solche H2-Speicheranlage für unser TIGRE-Observatorium in La Luz, Mexiko einsetzen. Auch dort wird dann der Strom mit PV-Modulen erzeugt. Damit kann das Teleskop unhabhängig vom mexikanischen Stromanbieter betrieben werden, was die Versorgungssicherheit des Observatoriums garantiert.
Perspektiven/Marktziele
Die geplanten Anlagen dienen ferner als Prototypen für weitere, auch marktfähige, Anwendungen. Unter anderem sind größere Speicheranlagen für landwirtschaftliche und KMU Betriebe mit vorhandenen PV-Anlagen interessant, da damit der Eigenverbrauch auf 100 Prozent gesteigert werden kann. Dies ist nach dem Ende der Förderungen durch rentable Einspeisevergütungen besonders attraktiv. Zusätzlich entlasten diese lokalen Speicheranlagen das öffentliche Stromnetz. Für die Umsetzung der Energiewende sind leistungsfähige Stromspeicher zudem eine entscheidende Komponente.
Klimaschutz
Stromspeicher sind essentielle Bestandteile zur Nutzung regenerativer Energien. Sie sind notwendig, um eine flächendeckende und sichere Energieversorgung zu gewährleisten. Wir wollen wir mit diesen Projekten einen Beitrag zur Energiewende und somit zum Klimaschutz leisten. Durch den Betrieb der Energieanlage kann die Montessori- Schule im Jahr ca. 10 Tonnen CO2 einsparen.
2. Technische Umsetzung
Die Montessori-Schule auf dem Gelände der Hamburger Sternwarte hat einen durchschnittlichen Jahresstrombedarf von 18.000 kWh. Auf den Dachflächen der Klassenräume sollen PV-Module mit einer Gesamtleistung von 25 kWp installiert werden. Damit können im Jahr ca. 25.000 kWh elektrische Energie erzeugt werden. Dies ist ausreichend, um die Schulgebäude stromautark zu betreiben. Notwendig hierfür ist allerdings die Speicherung des Überschußstroms während der sonnenreichen Tage und das Bereitstellen des selbsterzeugten Stroms bei Bedarf. Für das Energieprojekt Montessori-Schule werden wir Elektrolyse- und Brennstoffzellen-Stacks mit einer Gesamtleistung von jeweils 5 kW sowie eine Pufferbatterie mit einer Ladekapazität von 25 kWh einsetzen. Gespeichert wird der Wasserstoff in Standard-Druckgasflaschen, die in Bündeln von 12 oder 16 Flaschen geliefert werden. Der erzeugte Wasserstoff wird mittels eines Kompressors auf 300 bar verdichtet. Bei vollständiger Füllung faßt jede Gasflasche 1,1 kg H2. Anfänglich wollen wir das System mit einem Bündel von 12 oder 16 Flaschen erproben. Damit kann eine Energiemenge von ca. 420 kWh (560 kWh) gespeichert werden. Mit einer Brennstoffzellen-Effizienz von 65 Prozent kann daraus 275 kWh (365 kWh) elektrischer Strom generiert werden. Das System kann problemlos mit weiteren Flaschenbündeln ergänzt werden.
Steuerung/Steuerungsentwicklung
Für unsere Energiezentrale werden wir vornehmlich Standardkomponenten verwenden, die zum Teil schon mit Steuerelektronik ausgestattet sind und definierte Schnittstellen bieten. Um diese Komponenten (Lageregler, Wechselrichter, Elektrolyseur, BZ, etc.) möglichst passgenau zu nutzen und ein effizientes Energiesystem aufzubauen, werden wir eine Steuersoftware mit unterschiedlichen Komplexitätsstufen entwickeln. Die Basislösung wird nur die momentanen Werte (PV-Leistung, Leistungsbedarf, Ladestand, etc.) zur Steuerung der Anlage heranziehen. Für die nächste Stufe werden zusätzlich leicht zugängliche Werte (Uhrzeit, Sonnenauf- und -untergang, Leistungsbedarf basierend auf bisherigen Meßwerten) zur effizienten Steuerung in den Algorithmus eingepflegt. In den weiteren Stufen werden prädiktive Informationen verwendet, um die Effizienz des Systems zu steigern. Hierzu werden wir Tages- und nächtliche Wettervorhersagen sowie Klimadaten verwenden.
Systemkomponenten
Das geplante System besteht aus
- den Solarmodulen, 25 kWp
- Elektrolyseur (2xEnapter, 5 kW)
- Brennstoffzellen (Ballard Stack, 5 kW)
- Pufferbatterie (25 kWh)
- Superkondensatoren (UltraCap), um Stromspitzen abzufangen
- 4 Laderegler
- 3 Wechselrichter
- Druckgasflaschen-Bündel (12x 300 bar)
- Kompressor
- weiteres Zubehör (Steuerelektronik, LTE-Karte und kleinere Hardware)