Methoden
Femtosekunden UV-VIS Laserspektroskopie
Ultraschnelle UV-VIS (Ultraviolett-Sichtbare) Laserspektroskopiemethoden sind Pump-Probe-Techniken, welche es uns erlauben erste Informationen über die Reaktionswege und Zeitskalen nach Photoanregung eines molekularen Systems zu erhalten. Die Techniken nutzen ~ 200-800 nm Photonen gepulster Femtosekundenlasersysteme, d.h. z.B. eines Titan:Saphir Lasers. Ein erster Laserpuls, der Pump Puls, startet die Photoreaktion im untersuchten System, während ein zweiter Puls, der Probe Puls, den Zustand des Systems nach einer gewissen zeitlichen Verzögerung abfragt. Eine der ultraschnellen Laserspektroskopiemethoden ist Transiente Absorptionsspektroskopie (TAS), eine Erweiterung konventioneller Absorptionsspektroskopie. Die Technik misst die Änderungen in der Absorbanz/Transmission des untersuchten Systems nach der Valenzelektronenanregung durch den Pumpstrahl, entweder für eine bestimmte Probe-Puls-Wellenlänge oder einen Bereich von Wellenlängen. Die Beobachtungsgröße ist die Änderung der mit und ohne Pumpstrahl gemessenen Absorbanz, ΔA, als Funktion der Zeit und der Wellenlänge. Diese reflektiert das Grundzustandsausbleichen, die weitere Anregung der bereits angeregten Elektronen in energetisch noch höherliegende angeregte Zustände, die stimulierte Emission sowie die Absorption von Reaktionsprodukten. Das Grundzustandsausbleichen beschreibt die Entvölkerung des molekularen Grundzustandes durch elektronische Anregung in energetisch höherliegende Zustände. Die stimulierte Emission beschreibt einen möglichen Lasing-Effekt der angeregten Moleküle im intensiven Laser-Probe-Strahl. Produktabsorption bezieht sich auf alle Absorptionsänderungen, die durch das Entstehen von Reaktions(zwischen)produkten hervorgerufen werden.
Wir konzentrieren uns auf solvatisierte molekulare Systeme und verwenden TAS um erste Hinweise auf ihre Photoreaktionswege sowie die damit in Verbindung stehenden Prozesse wie das Intersystem Crossing, instabile elektronische Zwischenzustände etc. zu erhalten. Die Projektion der TAS Daten auf die Wellenlängenachse gibt uns Informationen bezüglich der Entwicklung/des Zerfalls verschiedener Zwischenzustände, die in der chemischen Reaktion involviert sind, und dies für verschiedene Wellenlängen. Die Projektion der TAS Daten auf die Zeitachse enthält Informationen über die Anzahl der Zerfallsprozesse, die bei einer bestimmten Wellenlänge zum Signal beitragen, sowie über ihre Zeitskalen. Die TAS Resultate dienen auch als Startpunkt für unsere Untersuchungen der Strukturdynamik der molekularen Systeme mittels ultraschneller Röntgenspektroskopie und Röntgenstreutechniken.
Bild AG Kubicek
Das Bild zeigt den einfachen Fall eines transienten Absorptionsspektroskopieexperimentes, wobei das untersuchte System einen Grundzustand (G) und zwei angeregte Zustände (A und B) hat, der Pumpstrahl eine definierte Wellenlänge aufweist und der Probepuls ein Weißlichtkontinuum ist. Hinter der Probenumgebung propagiert der Probepuls in das Spektrometer (Gitter), so dass die Absorbanzänderungen des Grundzustandes und des angeregten Zustandes des molekularen Systems für jede Wellenlänge separat aufgelöst werden können.
Ultraschnelle Röntgenspektroskopie und Röntgenstreuung
Röntgenspektroskopietechniken verwenden Photonen mit Energien im Bereich von ~100 eV bis zu einigen keV, um Innerschalenelektronen von Atomen in unbesetzte gebundene oder Kontinuumszustände anzuregen. Gemessen werden die Absorption oder Emission der Röntgenphotonen oder die generierten Photoelektronen. Da jedes Element charakteristische Bindungsenergien aufweist, sind die Innerschalenübergangsenergien für jedes Element einzigartig. Da die Innerschalenelektronen nahe am Atomkern in einem Zustand wohldefinierter Symmetrie und Ausdehnung lokalisiert sind, ist die Röntgenspektroskopie bei atomarer Auflösung chemisch äußerst spezifisch. Dabei existiert eine Vielzahl an spektroskopischen Methoden, welche unterschiedliche Aspekte der atomaren Struktur auflösen können, u.a. Spinzustände, Bindungsabstände, elektronische Korrelationen, etc. Zeitaufgelöste Röntgenspektroskopie ist eine Pump-Probe-Methode, die auf der klassischen Röntgenspektroskopie aufbaut: Die Technik nutzt die Einzigartigkeit von Innerschalenübergängen aus, um die Dynamik von transienten Materiezuständen nach Anregung durch einen (z.B. UV-VIS) Pumpstrahl abzubilden.
Weitwinkelröntgenstreuung (WAXS) verwendet Photonen im harten Röntgenbereich (oberhalb einiger keV). Diese werden elastisch an den Elektronen aller Atome gestreut, wobei Atome mit mehr Elektronen stärker zum Streusignal beitragen. Dieses Streusignal enthält Informationen über die globale Struktur des untersuchten Systems, insbesondere über die Konfiguration der nächsten Nachbaratome, und kann Aufschluss über die Wechselwirkung mit Lösungsmittelmolekülen sowie die Solvatation geben. Zeitaufgelöste WAXS bildet die dynamischen Änderungen dieser Größen während Licht-induzierter Reaktionen ab.
Hundert Pikosekunden Röntgenpulse können von Synchrotrons generiert werden, und Röntgenpulsdauern im Femtosekundenbereich werden von Freien-Elektronen-Lasern erreicht. UV und weiche Röntgenstrahlung mit Femtosekunden-Pulsdauer kann auch mittels Laser-basierter Quellen generiert werden. Die ultraschnelle Röntgenwissenschaft ist ein spannendes neues und sich schnell entwickelndes Feld, und unsere Arbeitsgruppe trägt dazu bei: Wir möchten ein neues Bild photochemischer Prozesse auf mikroskopischer Ebene entwickeln, und erschließen dabei auch neue experimentelle Techniken und spektrale Bereiche.
Bild AG Kubicek
Übersicht über komplementäre (ultra)schnelle zeitaufgelöste Röntgen-Probe-Puls Techniken nach der molekularen Anregung über einen Licht-induzierten Valenzelektronenübergang vA → vC (ganz links). Die nachfolgende molekulare Dynamik wird über einen zeitverzögerten Röntgenpuls abgefragt, der verschiedene Beobachtungsgrößen bereitstellt: (a) XANES (X-ray Absorption Near Edge Structure) für Änderungen in den niedrigsten unbesetzten Molekülorbitalen (LUMOs) und lokalen Oxidationszuständen; (b) Resonant Inelastic X-ray Scattering (RIXS), auch Resonant X-ray Raman Spectroscopy (RXRS) genannt, für die Besetzung und Wechselwirkung der besetzten und unbesetzten Orbitale sowohl in den Innerschalen- als auch den Valenz-angeregten Zuständen; (c) EXAFS (Extended X-ray Absorption Fine Structure) für die lokalen strukturellen Änderungen (Bindungslängen) um den Absorber herum; (d) XES (X-ray Emission Spectroscopy) für Änderungen in den besetzten Molekülorbitalen und lokalen Spinzuständen; (e) WAXS (Wide Angle X-ray Scattering) für globale strukturelle Änderungen, und für die Solvatationshülle um das reagierende Molekül; (f) Non-Resonant Inelastic X-ray Scattering (NIXS), auch Non-Resonant X-Ray Raman Spectroscopy (NXRS) genannt, mit harter Röntgenstrahlung und großer Eindringtiefe, und tender und Weichröntgen XAS (a,c) and XES (d), die beide leichtere Elemente untersuchen (C, N, O, S…).