Sternwarte am Millerntor
Ab 1821 konnten Repsolds Träume endlich wahr werden. Der Senat stimmte dem Bau einer neuen Sternwarte zu - unter der Auflage, dass Repsold selbst hierfür seine Instrumente unentgeltlich zur Verfügung stellen sollte. Dass der Senat dem Drängen Repsolds schließlich nachgab, mag durch die Konkurrenz zum benachbarten Altona begünstigt worden sein, das kürzlich seine eigene Sternwarte eröffnet hatte. Nach dem Abzug der französischen Belagerung hatte Hamburg beschlossen, die Festungsmauer ganz abzureißen und an ihrer Stelle ein öffentlich zugängliches Erholungsgebiet anzulegen. An der neu entstandenen Promenade auf der ehemaligen Henricus-Bastion nahe dem kürzlich wiederaufgebauten Millerntor begann man mit dem Bau der neuen Sternwarte. Das Gebäude bestand aus zwei Flügeln mit jeweils einer hölzernen Teleskopkuppel auf dem Dach. Verbunden wurden die beiden Gebäudeflügel durch eine Halle für einen neuen Meridiankreis und Repsolds altes Passageinstrument.

1825 waren die Bauarbeiten fast abgeschlossen, und eine Reihe wertvoller Instrumente wurde angeschafft. Wie vereinbart, wurde im selben Gebäude die Navigationsschule untergebracht, die für die ab 1827 obligatorische Steuermannsprüfung zuständig war.
1833 wurde die Sternwarte offizielles Staatsinstitut. Repsold hat das nicht mehr erleben können. Er war einige Jahre zuvor bei einem Löscheinsatz während eines Großbrandes ums Leben gekommen.

Neben seiner wissenschaftlichen Bestimmung erfüllte die Hamburger Sternwarte einen sehr praktischen Zweck: Mithilfe der astrometrischen Messungen mit dem Meridiankreis wurde die Zeit bestimmt, was von evidenter Bedeutung für die Schifffahrt war. Gegen Ende des 19. Jh. beherbergte die Sternwarte ein Uhrensystem, mit dem zahlreiche über die Stadt verstreute Präzisionsuhren gesteuert wurden. Später setzte es auch die Zeit für den Zeitball auf dem Dach des Warenhauses Kaiserspeicher A mitten im Hamburger Hafen sowie für die telefonische Zeitansage.
Leider erschwerten Luft- und Lichtverschmutzung sowie Erschütterungen durch Industrie und Hafen mit den Jahren in zunehmendem Maße die Beobachtungen am Millerntor. Die Hamburger Sternwarte musste sich einem ähnlichen Schicksal stellen wie 30 Jahre zuvor das Altonaer Observatorium und umziehen. 1914 wich das Gebäude dem neuen und bis heute existierenden Museum für Hamburgische Geschichte.
