Historische Instrumente
1m-Spiegelteleskop
Das 1m-Spiegelteleskop der Hamburger Sternwarte markiert wissenschaftsgeschichtlich den Übergang von der klassischen Astronomie zur modernen Astrophysik und technikgeschichtlich die allmähliche Ablösung der Linsenteleskope durch Spiegelteleskope. Bei seiner Indienststellung 1911 war es das viertgrößte Spiegelteleskop der Welt und phasenweise der Öffnung nach das größte Teleskop in Deutschland. Bis 1920 wurden an ihm v. a. durch den damaligen Direktor der Sternwarte Richard Schorr über 1.700 Fotoplatten aufgenommen und zahlreiche Kleinplaneten und Kometen entdeckt oder wiederentdeckt.
Walter Baade, der bis 1931 an dem Instrument arbeitete, widmete sich stärker der Astrophysik. Ihm gelangen zahllose Aufnahmen von Sternhaufen, Gasnebeln und Galaxien, und er konnte erstmals die Existenz isolierter Sterne weit außerhalb der Milchstraße nachweisen.
Das 1m-Spiegelteleskop hat einen Durchmesser von 1m und eine Brennweite von 15m. Weil es sich nahezu im Originalzustand befindet, ist es das historisch wertvollste und wissenschaftsgeschichtlich bedeutendste Instrument der Hamburger Sternwarte. Das Teleskop wurde 2013 vom Förderverein Hamburger Sternwarte e.V. denkmalgerecht saniert. Mit seiner Zeiss-Entlastungsmontierung zählt das 1m-Spiegelteleskop zu den ungewöhnlichsten Konstruktionen des Fernrohrbaus. Tatsächlich lässt sich das 26 Tonnen schwere Instrument leicht mit einer Hand in Bewegung setzen. Es wird heute nicht mehr wissenschaftlich genutzt, ist aber voll betriebsfähig und bei öffentlichen Beobachtungabenden im Einsatz.
Im Anbau des Spiegelteleskop-Gebäudes befindet sich heute das Café „Raum & Zeit“.
Virtueller Rundgang (FHS)
Äquatorial
Das Äquatorial ist ein Linsenteleskop mit 26 cm Objektivdurchmesser und 3 m Brennweite. Es ist das älteste noch in Betrieb befindliche Teleskop in Bergedorf und stammt noch von der alten Hamburger Sternwarte am Millerntor. Mit dem Umzug der Sternwarte kam es 1909 an den gegenwärtigen Standort. Das Teleskop wurde im Jahre 1867 von der Hamburger Firma A. Repsold & Söhne geliefert. Das Objektiv stammt von der Münchner Firma G. and S. Merz.
Der Name "Äquatorial" verweist auf die seinerzeit noch besondere Montierungsart im Äquatorsystem der Erde, die eine Nachführung des Teleskops durch Drehung um nur eine Achse gestattet. Außerdem war das Instrument mit großen Teilkreisen für Positionsmessungen versehen. Ein besonderes Merkmal ist der hölzerne Beobachterstuhl, der auf Schienen in der Kuppel drehbar ist und einen bequemen Blick ins Teleskop ermöglicht.
Das Äquatorial ist ein typischer Vertreter der klassischen Astronomie des 19. Jahrhunderts, als die Bestimmung von Sternpositionen die wichtigste Beobachtungsaufgabe von Sternwarten war.
Virtueller Rundgang (FHS)
Großer Refraktor
Der Große Refraktor der Hamburger Sternwarte ist ein frühes Beispiel industrieller Kooperation. Tubus und Montierung stammen von der traditionsreichen Hamburger Firma A. Repsold & Söhne , das Objektiv wurde von Steinheil in München angefertigt, und als Hersteller von Kuppel und Hebebühne zeichnet die Firma Carl Zeiss in Jena verantwortlich.
Als Refraktor bezeichnet man ein Linsenteleskop – im Gegensatz zum Spiegelteleskop (Reflektor). Ein großes, in der Regel aus zwei Linsen zusammengesetztes Objektiv erzeugt ein optisches Bild, das entweder mit einer Fotoplatte direkt im Brennpunkt aufgenommen oder mit einem Okular vergrößert betrachtet werden kann. Mit einem Linsendurchmesser von 60 cm und einer Brennweite von 9 m zählt der Große Refraktor der Hamburger Sternwarte zu den größten Refraktoren Deutschlands. Im 19. Jahrhundert zählte ein langbrennweitiger Refraktor zur Standardausstattung jeder Sternwarte. Doch die Herstellung immer größerer Linsen bereitete erhebliche Schwierigkeiten, so dass im 20. Jahrhundert die Spiegelteleskope die Oberhand gewannen. Dennoch wurde der Hamburger Große Refraktor bis in die 1980er Jahre in vielfältiger Weise für wissenschaftliche Beobachtungen genutzt, unter anderem für die Untersuchung des Magnetfelds der Sonne sowie die Messung der schnellen Lichtblitze von Pulsaren.
Virtueller Rundgang Bibliothek und Refraktor (FHS)
Lippert-Astrograph
Der Lippert-Astrograph ist nach seinem Stifter Eduard Lippert benannt, einem wohlhabenden Kaufmann und Amateurastronomen. Bei einem Astrographen handelt es sich um ein lichtstarkes Linsenteleskop für fotografische Aufnahmen. Ursprünglich waren hier drei Astrographen parallel angeordnet, so dass die Astronomen mit verschiedenen Farbfiltern gleichzeitig beobachten konnten.
Das Gebäude wurde bereits 1909 fertig gestellt, aber erst 1914 war die Instrumentenausstattung komplett. Später erfuhren die Instrumente noch eine Reihe von Umbauten. 1957 wurde der große Astrograph entfernt und durch ein Spiegelteleskop mit ähnlicher Brennweite ersetzt, das 1974 erneut umgebaut wurde und heute bei öffentlichen Führungen und für Schulungszwecke eingesetzt wird. Die beiden anderen Astrographen wurden kurz darauf ebenfalls demontiert. Nur deren mittlere Segmente blieben – bestückt mit Gegengewichten – auf der Montierung. Von der ursprünglichen Ausstattung sind heute nur noch ein Leit- und ein Suchfernrohr erhalten. Mit dem Lippert-Astrographen sind im Laufe der Zeit mehrere Kometen und zahlreiche Kleinplaneten entdeckt worden.
Meridiankreis
Mit der Verlegung nach Bergedorf erhielt die Sternwarte 1909 einen Meridiankreis mit 2,3 m Brennweite und 190 mm Öffnung der Firma A. Repsold & Söhne. Der Meridiankreis ist ein astronomisches Fernrohr, das nur in Nord-Süd-Richtung schwenkbar ist. Mit seiner Hilfe kann die Durchgangszeit eines Sterns durch den Meridian bestimmt werden. Der Meridian ist eine gedachte Linie am Himmel, auf der die Gestirne im Tageslauf ihren höchsten Punkt über dem Horizont erreichen. Die genaue Beobachtung eines Meridiandurchgangs gestattet in Verbindung mit der genauen Messung der Höhe über dem Horizont die exakte Bestimmung von Sternpositionen. Umgekehrt lässt sich – bei bekannter Sternposition – die exakte Zeit (Sternzeit) bestimmen. Durch rechnerische Verfahren können aus der Sternzeit die lokale Zeit, die Zonenzeit (MEZ) und die Weltzeit (GMT bzw. UT) ermittelt werden. Die Bestimmung und Weiterverbreitung der Zeit zählte bis zum zweiten Weltkrieg zu den wichtigsten Aufgaben der Sternwarte.
Der Hamburger Meridiankreis kam u.a. bis 1964 bei zwei großen internationalen Projekten zur Vermessung von Sternpositionen (AGK2 und 3) zum Einsatz. Daneben diente er auch immer wieder der Zeitbestimmung . 1967 wurde er modernisiert und anschließend nach Perth (Australien) verbracht, wo er bis 1987 zur Vermessung des Südhimmels eingesetzt wurde. Von dort gelangte er 1989 in das Deutsche Museum in München.
Oskar-Lühning-Teleskop
Mit einen 1,2 m Spiegeldurchmesser und Baujahr 1975 ist das Oskar-Lühning-Teleskop nicht nur das größte, sondern auch das jüngste Teleskop auf dem Gelände der Hamburger Sternwarte. Kuppel und Montierung stammen jedoch bereits aus dem Jahre 1954. Ursprünglich beherbergten sie den Großen Hamburger Schmidt-Spiegel, der heute im spanischen Calar Alto steht.
Das Teleskop wurde 1974 durch eine Stiftung des Bergedorfer Rektors Nikolaus Lühning finanziert. Es trägt den Namen seines Sohnes, Oskar Lühning, der Astronomie hatte studieren wollen, aber im Zweiten Weltkrieg gefallen war.
Seit 2001 wird das Teleskop mit einer modernen CCD-Kamera betrieben, die ein Gesichtsfeld von einem Viertel des Monddurchmessers hat. Die computergestützte Steuerung der Kuppel und des Teleskops ermöglichen ferngesteuerte Beobachtungen auch über das Internet.
In dem Gebäude des Oskar-Lühning-Teleskops befindet sich außerdem eine Bedampfungsanlage, mit der regelmäßig verschmutzte Spiegel gereinigt und mit einer neuen spiegelnden Schicht überzogen werden.
Salvador Spiegel
Der Salvador-Spiegel ist ein ca. 1960 aufgestelltes Cassegrain-Teleskop von 40 cm Objektivdurchmesser und 8 m Brennweite. Es wurde für Helligkeitsmessungen von Sternen verwendet und wird heute bei öffentlichen Beobachtungen eingesetzt.
Schmidt-Spiegel
Bilder von Teleskopen mit parabolischen Hauptspiegeln zeigen schon in relativ kleinen Entfernungen von der optischen Achse Verzerrungen. Nur im Zentralbereich dieser Bilder sind die aufgenommenen Sterne punktförmig. Zu den Rändern hin werden die Abbildungen zunehmend deformiert. Dieses Problem verhinderte lange eine vollständige fotografische Kartierung des Himmels und schränkte die Neuentdeckung von Sternen und Galaxien ein.
Bernhard Schmidt löste dieses Problem durch eine Korrektionsplatte, die Verzerrungen außerhalb der optischen Achse ausgleicht. Das 1930 fertiggestellte erste Schmidt-Teleskop war eine Weltsensation. Es befindet sich heute in einem kleinen Museum, in dem Arbeiten und Schriftstücke von Bernhard Schmidt gezeigt werden. Die Sammlung ist zur Zeit provisorisch im Untergeschoss des Hauptgebäudes untergebracht (Besichtigung auf Anfrage). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weltweit mehr als 20 große Schmidt-Spiegel in Betrieb genommen. So begann die Ära der fotografischen Himmelsdurchmusterungen.
In Bergedorf wurde der Große Schmidt-Spiegel 1954 eingeweiht. Da die Beobachtungsbedingungen von Beginn an jedoch unzureichend waren, wurde er Anfang der 1970er Jahre auf den Calar Alto in Südspanien verlegt. Das Teleskop erlebte seine Blütezeit daher erst 1985 bis 1997 in Spanien mit dem "Hamburg Quasar Survey (HQS)".
Heute ist die Zeit der Fotografie in der Astronomie vorbei. 2015 wurde der Schmidt-Spiegel mit einer CCD-Kamera ausgerüstet und wird seitdem ferngesteuert zur Beobachtung von Asteroiden und Kometen genutzt.
Sonnenbau
Der Sonnenbau (auf dem Foto links im Vordergrund, hinten das OLT) wurde Anfang der 1940er Jahre speziell zur Sonnenbeobachtung errichtet. Auf den Schienen an der Südseite befanden sich zwei Kästen mit beweglichen Spiegeln (Coelostaten), die das Sonnenlicht ins Gebäude umlenkten. Nach dem Krieg wurde dieser Aufbau noch einige Zeit für Messungen des schwachen globalen Magnetfelds der Sonne verwendet.
Während des Krieges war die Beobachtung der Sonne von großer Bedeutung, da Sonnenaktivität den Funkverkehr auf der Erde erheblich stören kann. So konnten Vorhersagen über Funkstörungen getroffen werden, was insbesondere für den Kurzwellenfunkverkehr der U-Boote sehr wichtig war. Neben dem Bergedorfer Sonnenobservatorium wurden in Deutschland deshalb mehrere Observatorien dieser Art erbaut. Sie wurden zumeist auf höheren Bergen errichtet, wo die Beobachtungsbedingungen günstiger waren (wie Göttingen, Schauinsland, Zugspitze, Wendelstein). Einige dieser Stationen existieren noch heute.
Seit seinem Umbau 2010 ist im Sonnenbau ein Schulungszentrum der Sternwarte mit einem Seminarraum und einem Computerlabor untergebracht.
Zeitball
Genau an der Stelle der heutigen Elbphilharmonie wurde 1876 auf dem damaligen Warenhaus Kaiserspeicher Nr. 1, Ecke Kaiserkai / Kehrwieder, die Zeitball-Anlage errichtet.
Damit vor Auslaufen der Schiffe die Borduhren für die Navigation genau gestellt werden konnten, wurde ein 1 m großer schwarzer Ball kurz vor 12 Uhr mittags den Turm hochgezogen und auf die Sekunde pünktlich um 12 Uhr fallengelassen.
Bis 1934 wurde der Zeitball von der Sternwarte aus über elektrische Kontakte an den Pendeluhren gesteuert. Die genaue Zeitbestimmung erfolgte mithilfe des Meridiankreises.